Donnerstag, Juli 27, 2006

Von Kilometerständen an Sand- (und südbadischen Kies-)stränden

Mein Hirn leidet an Inkontinenz.
Noch vor einigen Wochen fühlte ich mich veranlasst, öffentlich (so öffentlich wie mein Blog halt ist, angesichts seiner mit Sicherheit server-strapazierenden Leserschaft) Larmoyanz zu äußern über mangelndes Post-Material. Jetzt, wo das Semester sich schon im klimatisierten 5er-Bus zum Hörnle befindet, ist große Räumungsschreibe. „Alles muss raus!!!!“ Über die Wochen hinweg hat sich doch eine Idee nach der anderen im einem Word-Dokument versammelt und so sehr ich mich auch bemühte, der Fluss war nicht zu stoppen. Eine Extra-Datei, schon vor vier Wochen entstanden, heißt „Toyota“. Das Brainstorming ist schuld. Es hat mich zu einer ganz persönliche Japan-Erinnerung geleitet: Autos. Nein, dieser Post wird das Herz des Hobby-Tuners, dem ein schnittiger Honda XYLZ dünkt, enttäuschen müssen. Für mich sind japanische Autos verbunden mit Urlauben in Zelt und Wohnwagen und Duft von frischgebackenem Brot. In der mittlerweile leider nicht mehr existenten Bäckerei, in der ich aufgewachsen bin, schwörte man auf die Japaner und das schon, wie ich rausfand, als ich noch (ebenfalls eine Kindheitserinnerung, diese Wendung) „in Abrahams Wurschtkessel“ war. Zuverlässig seien sie, hieß es. Mein Vater fährt noch heute noch einen Toyota. So beauftragte ich also eben diesen (Vater, nicht Toyota) mir aus der heimatansässigen Bilderkiste sämtliche Toyotabilder herauszuschälen und sie mir zu schicken.

Impressionen aus meinem kraftfahrzeugsgeprägten Infanten-Bilderschatz

Um diesem Post auch Hand und Fuß respektive TÜV und AU zu verleihen, habe ich mich bereits vor einer noch wesentlich geringerer Postanzahl respektive Kilometerstand (ja, ich weiß, es reicht mit der Kfz-Metaphorik) entgegen meiner fast schon pathologisch wertvollen Fremde Menschen-Telefonier-Phobie an die virtuellen gelben Seiten gesetzt und drei lokale Autohändler mit seminarsrelevanten Fragen erbaut. Diese sollen größtenteils in Best Of-Interview-Form bleiben, nur zu manchen Sätzen werde ich mir eine [Anm. d. Verf.] nicht verkneifen können. Und, um sämtlichen Anschuldigungen, die zu Ungunsten meiner Product Placement-technischen Integrität gehen, vorzubeugen: Ich habe bewusst unterschiedliche japanische Automarken erwählt.

Toyota: Autohaus Fetscher, es spricht Bernd Fetscher, Mit-Inhaber

Warum haben Sie sich für Toyota entschieden?
Gute Frage. Toyota ist 1971 nach Deutschland gekommen, ich selbst bin ein Original Konstanzer. Wir haben uns für die Marke interessiert, einen Vertrag mit Toyota abgeschlossen und sind mittlerweile einer der ältesten Händler in Deutschland.

Was haben Sie ganz persönlich für ein Bild von Japan?
Puh, da hab’ ich wohl relativ wenig Ahnung. Das einzige, was mich fasziniert, ist der Fleiß der Japner und die Loyalität der Marke Toyota zu ihren Arbeitern, speziell in Japan. Man bleibt für immer Toyota, die sorgen ihre Mitarbeiter, nicht wie bei uns. Es gibt ganze Städte in Japan, in denen nur Toyota-Arbeiter leben, 40-50.000 Leute, alles von Toyota gemacht.

Toyota ist ja auch ein europäisches Auto geworden, die Industrie ist auch in Europa angesiedelt, es ist kein ausschließlich japanisches Produkt mehr.

Glauben Sie, dass sich dieses Bild in den Autos widerspiegelt?
Auch. Man macht schon Vergleiche zwischen japanisch und in Europa Produziertem. Es herrschen trotz allem sehr hohe Qualitätskontrollen und für Kunden ist das nicht merkbar, aber: die Qualität ist nur noch bei 95 Prozent, nicht mehr bei 100; bei bestimmten Modellen, die in Europa hergestellt werden: Montagsautos, das ist früher nie vorgekommen.

Waren Sie schon einmal in Japan?
Nein, leider bis jetzt ist mir das versagt geblieben, ich war aber von Toyota aus auf Hawaii, das war genauso schön [Warum habe ich gerade so eine fixe Idee, das Studium zu schmeißen und … Autohändlerin zu werden?].

Wieso kaufen die Leute japanische Autos (Aussehen, Innovation, Zuverlässigkeit usw.)?
Bis vor zwei Jahren konnten die Europäer unsere statistische Kundenzufriedenheit, die ADAC-Tests, der TÜV-Report nicht überzeugen. Das hat sich sehr stark gewandelt. Es geniert sich kein Mercedes-Fahrer mehr, sich auch mal einen Japaner anzuschaffen, in Deutschland speziell.

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Nissan: Auto-Leverenz, Gaienhofen, es spricht Sabine Fröhlich, Geschäftsführerin [ein Highlight!]

Warum haben Sie sich für Nissan entschieden?
Es waren gute Konditionen damals, vor dreißig Jahren. Die Automarke bietet so viel Ausstattung, die deutsche Autos nicht bieten.

Was haben Sie ganz persönlich für ein Bild von Japan?
(überlegt) Kultur, Essen, Reis und Gemüse. Freundliche Menschen, und vor allem sehr neugierig.

Inwiefern?
Also, wenn weiße Europäer ins Land kommen, reagieren sie sehr neugierig. Wenn man jetzt zum Beispiel an einem Turm hochkuckt, bleiben die Japaner stehen, kucken dort, wo man selbst schaut und wollen wissen, was man da anschaut.

Ach so, dann waren Sie schon einmal in Japan?
Nein, war ich noch nie. [Ohne Worte!]

Glauben Sie, dass sich dieses Bild in den Autos widerspiegelt?
Ja. Schon allein der Innenraum von Nissan, mit viel Platz und mit viel Räumlichkeit. Es gibt viele Kleinigkeiten, Körbchen, Ablageflächen, Fächer zum Verstauen. Das steht für einen Sinn für Komfort und Service.

Wieso kaufen die Leute japanische Autos?
Der Preis ist relativ günstig. Dort, wo man die Autos herstellt wird auf andere Art und Weise produziert, die Arbeiter bekommen nicht so viel gezahlt, denk ich jetzt mal.

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Suzuki: Insel-Garage Beck, Reichenau, es spricht Guido Beck, Inhaber

Warum haben Sie sich für Suzuki entschieden?
Das liegt 25 Jahre zurück. Damals war das eine Nische, die man belegen konnte, heute ist es eine ebenbürtige Marke. Damals war an deutschen Marken alles belegt, man hat gesucht und Suzuki hatte nur ein Modell auf dem Markt. Es war ein Versuch... Ich würde es wieder tun.

Bekommen Sie irgendwas von der japanischen Zentrale mit?
Es gibt sehr große Auflagen, einen 50-seitigen Katalog mit dem Anforderungsprofil. Suzuki will ein Einheitsbild in Europa halten.

Was haben Sie ganz persönlich für ein Bild von Japan?
Ich habe mal eine Reise gewonnen und sie nicht angetreten, weil mein Sohn zur Welt kam. Ich denke, es sind sehr freundliche und strebsame Leute, ein sauberes Land. Aber ich bekomme ja wieder eine Reise, das hängt mit den verkauften Stückzahlen zusammen.

Glauben Sie, dass sich dieses Bild in den Autos widerspiegelt?
Es herrscht dort schon eine andere Einstellung zur Arbeit als bei den Deutschen, andere Arbeitszeiten, die Arbeit steht im Vordergrund.

Ob das ein Grund ist für die Qualität…? Die Japaner waren gute Kopierer und haben nachher selbst ihr Ding gemacht, sogar verbessert.

Der deutsche Markt ist auch konservativer, man will da immer den Stern oder das Opel-Zeichen sehen. Wir hatten es damals schwer, wurden belächelt wegen des Images der Marke. Es hieß ja schon: „Niemals einen Franzosen!“ Wenn hier in der in der dörflichen Gegend etwas Fremdes kommt, geht da ja gar nichts. Wir haben uns aber trotzdem nicht beirren lassen, und es hat sich ausgezahlt.

Wieso kaufen die Leute japanische Autos?
Japaner haben einen guten Ruf, wenn ich ein gebrauchtes japanisches Auto draußen stehen habe, steht das da nur eine Woche.

Glauben Sie, der Automarkt wird sich irgendwann mal dermaßen globalisieren, dass nicht mehr zwischen einem Franzosen, einem Deutschen und einem Japaner zu unterscheiden ist?
Japaner sind einfach besser ausgestattet, da gibt es kein Zubehör-Prospekt, alles ist drin und fertig. Das ist schon eine Handlung, die von Japan ausgeht.