Freitag, April 28, 2006

Von Wir sind (und waren) Helden

Inspiriert durch Timo Warkens Post möchte auch ich eine minimale musikalische Japan-Episode antragen: Ich befinde mich im Besitz einer Live-DVD der von mir hitzig geliebten Band Muse (links - wenn jemand weiß, was genau für eine Musikrichtung das ist, Nerd-Infos bitte an mich). Das Konzert selbst findet in Paris statt, wo man als wohl situierte Indie-Band wohl unbedingt einmal gespielt haben muss. Im Zusatzmaterial finden sich aber auch Ausschnitte von Auftritten in Japan.

Fazinierend daran: die Ekstase!
Die Pariser gehen bereits voll in der Musik auf und in der crowdsurfenden Masse unter, ganz dem Klischee des lebensfrohen Franzosen konform. Die Japaner jedoch befinden sich in einer gitarren- und pianobedingten Spastik, ergänzt durch stimmbandsprengendes Kreischen, wie es wohl nur dort möglich ist.

Ähnliches war bei den japanischen Fans der ehemals von mir hitzig geliebten Band Take That (rechts) zu beobachten. Die Mädchen greinen, weinen, wedeln und sterben kleine Tode, um nur einmal "Babe" sein zu dürfen.

Liegt dies nun alles begründet darin, dass Japan mit seiner strengen Arbeitsmoral nur so danach lechzt, sich zu Anlässen wie Rock- (oder Boyband-Pop-) Konzerten von sämtlichen Zwängen und Kleidungsstücken freizumachen? Kommen speziell Muse dort im Osten so gut an, weil sie leicht schräge und oft assonante Musik machen, welche sich in die Andersheit und Exotik Japans wunderbar einschmiegt?

Quellen:
  • Bild Take That: http://www.bbc.co.uk/totp2/features/wallpaper/images/800/take_that.jpg
  • Bild Muse: http://www.microcuts.net/uk/content/muse.jpg

Von winkender Globalisierung










Neben dem Gagfaktor ist mir diese Entdeckung doch noch einen Blogeintrag wert.
Noch einmal Vera: Eines ihrer wirklich hübschen Mitbringsel an mich (ebenfalls Katzenfan) war eine kleine Keramik-Glückskatze (Bild unten). Später saßen wir dann bei ihr auf dem Sofa und sie erzählte, diese Katze, noch im Plastikkokon (die oben!) habe ihr ihr Freund vor ihrer Abreise zum mitten in der Reise liegenden Geburtstag mitgegeben. In Deutschland gekauft, wohlgemerkt. Und versehen, wie zu sehen, mit einem "Made in Japan".

Seltsame Welt: Ich freue mich riesig über ein winziges winkendes Kätzchen, original aus Japan, gekauft, so stelle ich es mir vor, zwischen fotogen blühenden Bäumen und Tempeln an - ja ok - einem Souvenirstand. Stelle mir vor, wie ich es dekorativ auf meinem Bilderschrein in meinem Zimmer drapieren kann und jedes Mal, wenn mich jemand fragt, wo denn dieses kleine, nette, exotische (!) Stück Kitsch herkommt, sage ich: "Hat mir eine Freundin aus Japan mitgebracht" (genauso wie meinen Kiwivogel-Schlüsselanhänger aus Neuseeland oder mein "Hard Rock Café"-T-Shirt aus Hollywood - selbst nirgends gewesen) und freue mich ob meines kosmopoliten Bekanntenkreises.

Im Grunde hätte ich jedoch das Porzellantier auch in einem der zahlreichen Gruscht-Läden im lokalen Einkaufscenter mit den vier großen Buchstaben erwerben können. Nennt man das Globalisierung? Für einen gut befüllten Souvenirschrein (die grundsätzlich immer kitschig sind - so muss es ja auch sein) muss ich nicht einmal einen internationalen Flughafen betreten haben? Ich kann vortäuschen, ich hätte eine Reise getan, die tatsächlich nie stattgefunden hat? Ein Simulakrum, diese Katze? "[A]n
implosion of meaning, that’s were the simulation begins", sagt Baudrillard. Diese Katze wäre also ein vermeintliches Zeichen auf einen Referenten, meine Japan-Reise. Da diese aber tatsächlich nie stattgefunden hat, gibt's diesen Referenten nicht. Die vorgebliche Bedeutung ('meaning') des Kischtiers als Projektions-Medium meiner Erinnerungen (die es, nur noch mal so zur Erinnerung nicht gibt), schlichter als Souvenir implodiert. Man verzeihe mir diese Floskel, aber so ein bisschen Recht hat Baudrillard schon, bei aller Blumigkeit. 'Heutzutage', 'mit dieser Globalisierung' verliert so langsam jedes Zeichen seine Referenz.
Und deswegen möchte ich mich bei der Suche nach dem zumindest seminargöttlichen Referenten Japan nicht zu sehr auf schriftliche Zeichen (Bücher, Internetquellen usw.) verlassen. Mehr auf das, was mir direkt begegnet, wo die Zeichenhaftigkeit versteckt liegt.

Quellen:
Jean Baudrillard, Simulacra and Simulation, übersetzt von Sheila Faria Glaser
, Ann Arbor 2001. S.31
Bilder: alle privat

Von verehrtem Muh und Miau




Also, eigentlich, eigentlich hab ich ja gar keine Zeit, weiterzubloggen. Schließlich sollte ich noch / schon wieder an einer Medienhausarbeit sitzen, die ich dem guten Herrn Paech für nächste Woche angekündigt habe. Doch werde ich mich, nachdem ich gestern, selbstverständlich erst, nachdem ich zwei Seiten Hochrelevantes in mein Hausarbeit-Dokument getippt hatte, alle Bloadressen in den von Sven Prasse empfohlenen RSS-Reader (danke hier übrigens und Verzeihung, sollte ich mich schon jetzt blamiert haben und das Porgrammchen genau so nicht heißen) eingetragen habe, jetzt daran machen, die Welt wieder mit meinem Japan-Impressionen zu beglücken...

Trotzdem muss ich diesen Eintrag (abzüglich aller einleitenden Worte) doch eher kurz halten. Dabei gäbe es so viel mitzuteilen. Vielleicht mag sich jemand noch erinnern, dass ich von meiner Korrespondentin, namentlich Vera, meiner besten Freundin seit der fünften Klasse, berichtet hatte. Sie hat drei Wochen lang Japan und zwei Japanerinnen, die sie auf einer Farm in Australien kennengelernt hat (ja, sie hat bei einer SLI-Vorstellungsrunde als great Interest "Traveling" angegeben) besucht.
Und ganz profanerweise letzten Freitag dann mich, um mir eine Flut von Blogideen zu bescheren. Oben aber vorerst nur eine Original-eingescannte Briefmarke samt zweier Karten, mit denen sie mich aus Fernost grüßt.
Sie schreibt unter anderem, dass hier [dort!] Katzen omnipräsent seien, weil sie als Glückssymbol gälten. Und sie gar nicht mehr aufhören könne, zu fotografieren und zu konsumieren (als Katzenfan). Was ich dabei spannend finde, ist der Gedanke an eine eMail aus Indien einer Freundin meines Freundes. Die berichtete von omnipräsenten Kühen. "Die sind nämlich heilig." Das Wort "heilig" fällt bei Katzen in Japan nicht. "Glück-" ist hier Präfix. Im Grunde aber hat beides den gleichen Effekt. Katzen- oder Kuhkult!
Können Japaner mit Heiligkeit im alltäglichen Leben (!) nichts anfangen?